2001
2003

Energiepools: Endverteiler organisieren sich

«Unsere Endverteiler verstärken ihre Marktmacht», stellte Direktor Theo Wipf im Editorial der SAK Hus Zitig 4/01 fest. Damit sprach er die Tatsache an, dass sich die Endverteiler im Hinblick auf die Strommarktöffnung organisierten. Ziel der Energiepools, die durch den Zusammenschluss der lokalen Energieversorgungsunternehmen (EVU) entstanden, war nämlich in erster Linie eine optimale Strombeschaffung. Wipf konnte aber zugleich Entwarnung geben: «Besonders erfreulich ist», schrieb er, «dass es der Axpo und SAK gelungen ist, trotz zahlreicher Konkurrenzofferten weiterhin Lieferantin dieser in den Pools zusammengeschlossenen Endverteiler zu bleiben. Die SAK ihrerseits wirken bei dieser regionalen Zusammenarbeit ebenfalls mit, was die Kundenbindung wesentlich verstärkt.» Bei sämtlichen Pools war die SAK, welche nicht nur Wiederverkäufer, sondern in allen Gebieten auch Endkunden belieferte, im Vorstand vertreten.

Was es mit den Konkurrenzofferten auf sich hatte, war im Juni 1999 im Verwaltungsrat ausgeführt worden. Im mittleren Rheintal sehe man sich aktiv nach besseren Konditionen für den Stromankauf um. «Eine Delegation von Gemeindevertretern hat sich zu den Vorarlberger Kraftwerken begeben und sie gebeten, eine Konkurrenzofferte zu unterbreiten.» Die EVU würden auch von anderen Elektrizitätswerken aktiv angegangen, wie der Aare-Tessin AG (Atel), der BKW Energie und der Kraftwerke Sernf-Niederenbach AG (heute SN Energie).

Alle Regionen abgedeckt

Im Geschäftsbericht 2001/02 wurde gemeldet, dass das SAK Versorgungsgebiet nun von insgesamt sieben Energiepools «unterschiedlichster Organisationsformen» abgedeckt werde. Nebst der gemeinsamen Bewirtschaftung des Stromgeschäfts liege die Priorität der Pools insbesondere auch in der Zusammenarbeit im technischen Bereich mit dem Ziel, Synergien zu nutzen. Dabei werde auch die Mitwirkung der SAK sehr geschätzt, die ihr Fachwissen in verschiedensten Arbeitsgruppen habe einbringen können. Die SAK unterstützte die Poolmitglieder bei Engineering, Ausbau, Betrieb und Instandhaltung. Aber auch bei der Umsetzung neuer Vorschriften, beim Angleichen von Abrechnungssystemen, bei Netzbewertungen sowie Marketingmassnahmen war die Hilfe der SAK gefragt.

Die sieben Pools hatten sich im Rheintal (Rii-Seez Power), im Raum Goldach, im Appenzellerland, im Fürstenland, im Raum Wil und im Toggenburg (mittlerweile in der Thurpower AG vereinigt) sowie im Linthgebiet gebildet.  Sie verfügten je über eine Delegiertenversammlung, einen Poolvorstand und eine Geschäftsstelle, die in der Regel beim grössten Endverteiler des Pools angesiedelt war. Aktivitäten und Schwerpunkte der einzelnen Pools, die insgesamt 94 lokale EVU umfassten, waren sehr verschieden. Einer der aktivsten Pools war die Rii-Seez Power. «Als einer der ersten in der Schweiz leistete er viel Pionierarbeit, die Organisation ist sehr professionell und es wird mit einem grösseren Budget gearbeitet», erklärte SAK Geschäftsleitungsmitglied Ueli Risch in einem Interview in der SAK Hus Zitig 4/04. Zur Bedeutung der Pools für die SAK, deren Poolbetreuer er war, führte Risch aus, der persönliche Kontakt zu den einzelnen Pools sei wichtig und trage zu guten Lösungen bei. «Mit der Teilnahme bekomme ich 1:1 mit, was für Anliegen und Bedürfnisse die einzelnen Mitglieder an die SAK haben.»

Die Kartellbehörden melden sich

Doch dann klopften bei der Energiebranche die Kartellbehörden an, deren spezielles Augenmerk auch den Energiepools galt. «Solange diese nur Absprachen treffen, die zur Preisverbilligung für die Kundschaft führen, gibt es kaum Probleme. Wo solche hingegen zur Preisstützung oder Preiserhöhung (insbesondere bei Pools mit Eigenversorgung) benützt werden, sind diese unserer Ansicht nach missbräuchlich», wurde dazu im SAK Verwaltungsrat festgehalten. In der Folge trat die SAK mit Schreiben vom 17. Mai 2005 aus allen Energiepools aus, womit sie klare Verhältnisse schaffte, und sie ergriff weitere Massnahmen, um die Wettbewerbskommission (Weko) zufrieden zu stellen.

Die Energiepools existieren teilweise aber nach wie vor. Die Thurpower AG zum Beispiel zählt heute 17 Aktionäre mit 17 Werken, versorgt in den Wirtschaftsregionen Toggenburg und Wil auf einer Fläche von 400 Quadratkilometern 40'000 Einwohnerinnen und Einwohner, hat einen Stromverbrauch von 350 GWh pro Jahr und bezieht den Strom von der SAK bzw. mittlerweile von der Energieplattform AG.

Niklaus Ullmann

Vier schwimmende Autos und ein Spezialist aus Saudi-Arabien

Für Strom in Herisau war Niklaus Ullmann, Leiter der Regionalvertretung, verantwortlich. Seine erste grosse Störung behob er im Alleingang schon nach einem knappen Jahr und einen besonderen Effort forderten die Überschwemmungen im Ausserrhoder Hauptort von 2011.

«Ich war ein knappes Jahr bei der SAK. In der Regionalvertretung Herisau arbeiteten ich, ein weiterer Monteur und unser Chef. Es war nachmittags um halb zwei, als es ‹tagg› machte und dunkel wurde – und dunkel ist nie gut für einen Stromlieferanten. Der Chef war nicht da, er hatte Ferien oder frei, auf jeden Fall meldete auch das Unterwerk eine Störung. Mein Kollege, ein Mann mit vielen Jahren Erfahrung, meinte: ‹Geh du ins Unterwerk, ich kümmere mich hier um die Telefonanrufe.› Das Unterwerk hatte einen Alarm ausgelöst und war komplett weg vom Strom. Der Grund stellte sich später heraus: Wir hatten eine Hauptleitung in Revision und ein Bauarbeiter hatte die Ersatzleitung mit seinem Kompressorhammer erwischt. Damit war halb Herisau weg vom Strom. Und ich mit meinem knappen Jahr Erfahrung sollte dafür sorgen, dass der Strom wieder floss. Ich fühlte mich während des Einsatzes alles andere als gut und etwas überfordert. Ich weiss nicht mehr wie, aber nach einer Stunde hatte Herisau wieder flächendeckend Strom. Übrig blieb ein ölgekühltes Kabel, das nur von Spezialisten repariert werden konnte und von denen gab es in der Schweiz nur eine Handvoll. Der Kabellieferant musste via Charterflug einen aus Saudi-Arabien einfliegen. Immerhin hatte auch mein erfahrener Kollege genug zu tun: Das Telefon klingelte permanent. Meldungen kamen von Industriebetrieben, von Haushaltungen und von der Landwirtschaft.

Am 10. Juli 2011, es war Sonntag, unternahmen meine Frau und ich mit Jasskollegen einen Ausflug mit dem Schiff auf dem Bodensee nach Meersburg. Wir assen zu Mittag, man schaute sich das Städtchen an und nachmittags um halb vier legte das Schiff wieder ab. Es liess sich schon erahnen, dass sich über dem Alpstein etwas zusammenbraute. Der Himmel war pechschwarz. Wir dachten aber, dass es so schlimm nicht kommen würde. Kurz nachdem wir abgelegt hatten, klingelte mein Telefon. Mein Kollege fragte, wo ich sei. Ich antwortete: ‹Auf dem Wasser.› Er meinte: «Ich steh gerade im Wasser.» Während der Fahrt von Romanshorn nach Herisau konnten wir noch nicht erahnen, was wir vorfinden würden. Erst an Ort und Stelle wurde das ganze Fiasko ersichtlich. Überall war Hilfe nötig. Auch meine Frau arbeitete bis elf in der Nacht. In der Garage stand das Wasser 1,20 Meter hoch. Vier Autos schwammen herum und stiessen aneinander. Dass sie Totalschaden hatten, war gleich klar. Wir pumpten das Wasser ab, 20 Zentimeter Schlamm blieben zurück. Wir orderten einen ‹Trax›, der uns den Schlamm aus der Garage herausschob, denn am nächsten Tag wäre der hart wie Beton gewesen. Anschliessend trugen wir Geräte und Maschinen nach draussen, wo meine Frau sie mittels Hochdruck reinigte. Insgesamt waren zehn Leute während zehn Tagen im Einsatz, um in der Regionalvertretung und im Unterwerk das Gröbste wiederherzustellen. Das war schon was.»

Niklaus Ullmann war von 1976 bis 2012 bei der SAK tätig, zuletzt als Leiter Regionalvertretung Herisau.

Zahlen und Fakten

Vorsitzender d. Geschäftsleitung
Theo Wipf (bis April 2002),
Rolf Domenig (ab Mai 2002)
Geschäftsleitung
Adolf Loser, Heinz Reichen, Ueli Risch, Robert Zingg
Verwaltungsratspräsident
Hans Ulrich Stöckling
Verwaltungsrat
Hans Höhener (bis Februar 2002), Jakob Brunnschweiler (ab März 2002), Hermann Fässler, Titus Giger (bis Februar 2002), Willi Haag, Ernst Hanselmann (ab März 2002), Hans-Peter Härtsch, Beat Jud, Dr. Walter Kägi (bis Februar 2002), Marianne Kleiner, Hans Rohrer (bis Februar 2002), Hans Sutter
Anzahl Mitarbeitende
247
Fläche Versorgungsgebiet
2’325 km2
Einwohner
400’000
Energie
2’606 Mio. kWh
Produktion
7 Kraftwerke
Netz
37 Unterwerke
926 Trafostationen
ca. 4’000 km Stromnetz