2013
2015

MIT DER ENERGIEPLATTFORM AG GUT GERÜSTET

Die Strommarktöffnung erfordert, dass Massnahmen ergriffen und neue Lösungen gefunden werden. Zu diesen gehört die von der SAK 2009 gegründete Energieplattform. «Im Bereich der Dienstleistungen lag der Fokus auf dem Aufbau und der operativen Lancierung der Energieplattform», hiess es dazu im Geschäftsbericht 2008/09. «Die gemeinsame Beschaffungs- und Dienstleistungsplattform der SAK und lokaler Energieversorgungsunternehmen (EVU) wurde speziell auf die Bedürfnisse der EVU hin in gemeinsamer Arbeit entwickelt. Damit wird sichergestellt, dass ein auf die Wiederverkäufer zugeschnittenes Dienstleistungsportfolio angeboten und auch genutzt werden kann.» Die Energiebeschaffung werde immer anspruchsvoller. Volatile Strompreise sowie neue gesetzliche und technische Vorgaben würden die lokalen und regionalen Stromversorger herausfordern.

VON «KAMERADSCHAFTLICH» ZU «FREUNDSCHAFTLICH»

Damals sah man bei der SAK noch keine Notwendigkeit, für die Energieplattform wie andere Kantonswerke eine separate Aktiengesellschaft zu gründen. Die Plattform wurde deshalb als Abteilung der SAK betrieben. «Um den Vertretern der Wiederverkäufer trotzdem die Möglichkeit zu geben, analog zum Verwaltungsrat einer Tochtergesellschaft die Geschäfte der Plattform zu begleiten, setzen wir einen Beirat zu dieser Abteilung in Form eines Steuerungsausschusses ein», wurde im Verwaltungsrat weiter ausgeführt. Wer die Chancen der Marktöffnung nutzen wolle, brauche einen starken Partner, betonte man bei der Lancierung. Der Goldacher Gemeindepräsident Thomas Würth erklärte gemäss dem St.Galler Tagblatt: «Die SAK als Vorlieferant bringt die Erfahrungen in der Energiebeschaffung und Vermarktung mit. Die Gemeinden sind nahe an den Kunden und bringen die örtlichen Kenntnisse ein.» Als Partner von Anfang an dabei waren Appenzell, Buchs, Flawil, Goldach, Heiden, Uznach und Wil.

Ende Oktober 2012, nach dem Beitritt des Elektrizitätswerks Urnäsch (EWU), hatte die Energieplattform 29 Partner. Man habe bisher ein kameradschaftliches Verhältnis zur SAK gehabt, wurde der EWU-Verwaltungsratspräsident Dölf Biasotto im St.Galler Tagblatt zitiert. «Mit dem Beitritt zur Energieplattform wird daraus ein freundschaftliches.» Die SAK war im Übrigen nicht das erste Energieunternehmen, das in der Ostschweiz eine Energieplattform gründete: Die Bernischen Kraftwerke (BKW) sind mit Abonax schon seit 2006 auch vor der Haustüre der SAK aktiv. 

AUSGLIEDERUNG AUS DER SAK

Der nächste Schritt folgte Anfang 2014, als die SAK mit der Energieplattform AG (EP AG) eine separate Gesellschaft für die Energiebeschaffung gründete. Gleichzeitig wurde der Stromeinkauf, der nach wie vor ausschliesslich bei der Axpo erfolgte, aus der SAK ausgegliedert. Die EP AG will nicht nur Strom zu bestmöglichen Bedingungen auf dem Markt beschaffen, sondern die Bedürfnisse der lokalen EVU darüber hinaus mit einer breiten Palette von Netz- und Energiedienstleistungen entlang der ganzen Liefer- und Wertschöpfungskette befriedigen. Dazu gehören zum Beispiel das Management des Strom-Portfolios (also die Bewirtschaftung der verschiedenen Stromangebote), die Unterstützung in der Netzpreiskalkulation, das Produktemanagement sowie die Bewirtschaftung von Naturstromprodukten. Für kleinere EVU ist die Liberalisierung, die auch mit wachsenden Forderungen der Kunden verbunden ist, schlicht nicht im Alleingang zu bewältigen.

Die lokalen Wiederverkäufer sollen aber nicht nur als Kunden Strom und Dienstleistungen von der EP AG beziehen, sondern sie sollen sich auch als Partner oder Aktionäre engagieren. Die Beteiligungsstruktur der EP AG sieht vor, dass die Aktionäre einen Aktienanteil zeichnen können, der sich aus dem Volumen ihrer über die EP AG abgewickelten Strombeschaffung ergibt. Bis Ende 2014 haben sich 15 Ostschweizer EVU für eine Aktienbeteiligung entschieden und mehr als zwanzig einen Partner-Rahmenvertrag unterzeichnet. Bis Ende Jahr kamen weitere Aktionäre hinzu.

Benedikt Würth

Zwei Megatrends: Strommarktliberalisierung und Energiewende

Benedikt Würth ist Verwaltungsratspräsident der SAK in einer Zeit, die für die Branche aussergewöhnliche Entwicklungen mit sich bringt. Er identifiziert zwei die Branche beherrschende Megatrends: die Strommarktliberalisierung und die Energiewende.

«Während 100 Jahren waren die Vertriebsstrukturen im Energiesektor weitgehend klar. Heute sehen die Rahmenbedingungen komplett anders aus. Das veränderte Marktumfeld war mir sehr wohl bewusst, als ich in den Verwaltungsrat der SAK eintrat und in der Folge auch dessen Präsident wurde. Seit 15 Jahren bin ich mit Energiethemen konfrontiert, sei es früher in der Beratungspraxis oder auf kommunaler Ebene. Was jetzt aber abgeht, ist aussergewöhnlich. Dabei beherrschen zwei Megatrends die Szene: Einerseits die Strommarktliberalisierung und andererseits die Energiewende. Ersteres ist für mich nicht nur eine technische und ökonomische Angelegenheit. Vor allem wird die während Jahrzehnten aufgebaute Kultur in den vertikalen Vertriebsstrukturen auf die Probe gestellt.

Die SAK hat auf die veränderte Marktordnung mit dem Projekt Energieplattform AG (EP AG) reagiert, was zu einer neuen Gesellschaft führte, die mit den kommunalen Energieversorgungsunternehmen (EVU) gemeinsam gestaltet wird. Dies darf als Zäsur in der Geschichte der SAK bezeichnet werden, und zwar in zweierlei Hinsicht: Seit 1. Januar 2015 verkauft die SAK keine Kilowattstunde Strom mehr an die EVU. Die Beschaffung und der Vertrieb an sie laufen über die EP AG. Die SAK beliefert ausschliesslich Endkunden. Aber auch auf der Beschaffungsseite ergibt sich auf Grund der Liberalisierung eine grundlegend neue Situation. Wer hätte vor Jahren gedacht, dass wir mit der EP AG im Jahr 2015 eine Mehrlieferanten-Strategie fahren werden, sogar fahren müssen? Diese markanten Umwälzungen prägen unsere Zeit und sie machen Unternehmensführung spannend und herausfordernd.

So führen Marktveränderungen zu Kulturveränderungen. Diesbezüglich erinnere ich mich an eine Begebenheit in einer Sitzung mit den EVU im Rahmen der Schaffung der EP AG. Als der Prozess etwas stockte, habe ich mich eingeklinkt und den Vertretern der kommunalen Werke die Bedeutung dieses Schrittes darzulegen versucht. In der Diskussion fiel der Satz des Vertreters eines EVU: ‹Wir wollen auf gleicher Augenhöhe mit euch zusammenarbeiten!› Er wurde für mich zu einem Leitgedanken im Projekt.

Während Jahrzehnten dachten die Akteure in der Stromwelt vertikal: Axpo – Kantonswerk – EVU – Endkunde. Das war das Denkmuster. Mit der Liberalisierung ist es völlig überholt. Das hat auch Konsequenzen auf das Verhältnis der Kantonswerke zu Axpo. Ich glaube, dass der Leitgedanke ‹Begegnung auf gleicher Augenhöhe› auch für dieses Verhältnis gilt. Wir müssen auch mit Axpo nach Wegen suchen, wie wir unsere Strukturen und Prozesse mit Blick auf die veränderte Marktordnung optimieren können.

Dem zweiten Megatrend, der Energiewende, stehe ich skeptisch gegenüber. Allerdings ist klar, dass es in einem Land, in dem praktisch jedes Baugesuch für eine Mobilfunkantenne bekämpft wird, nicht mehr realistisch ist, ein neues Kernkraftwerk zu bauen. Auch muss die Endlagerung nun zwingend gelöst werden. Auf der anderen Seite sind die marktfremden Interventionsmassnahmen in der Energiewende verkehrt. Aus meiner Sicht sollte das Projekt gründlich überdacht werden. Mit der Wechselkursentwicklung ist auch der Strompreis nochmals abgesackt. Ich glaube, dass die Energiepolitiker in Bern zu wenig über den Tellerrand hinausschauen. Solange uns billiger deutscher Kohlestrom den Preis verhagelt, wird auch die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien – einschliesslich der Wasserkraft – schlecht sein. Es ist inzwischen eine verrückte Strom-Welt, die mit zu viel staatlicher Intervention noch verrückter wird.

Zuversichtlich stimmt mich die gute Kameradschaft, die in der Energiebranche, auch unter den Kantonswerken, generell herrscht. Ich schätze die persönlichen Begegnungen sehr, auch wenn wir gelegentlich unterschiedliche Meinungen vertreten. Sehr beeindruckt haben mich die Feierlichkeiten zum 100-Jahr-Jubiläum der SAK. Die Stimmung im Kraftwerk Kubel war sehr besonders. Es zeigte sich eine Kraft, die mir die Sicherheit gibt, dass wir auch in den nächsten Jahrzehnten das Unternehmen erfolgreich gestalten können.»

Benedikt Würth ist Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes des Kanton St. Gallen und seit 2012 Verwaltungsratspräsident der SAK.

Zahlen und Fakten

Vorsitzender d. Geschäftsleitung
Stefano Garbin
Geschäftsleitung
Lukas Mäder, Jürg Brumann, Jürg Solenthaler, Adriano Tramèr
Verwaltungsrats Präsident
Benedikt Würth
Verwaltungsrat
Jakob Brunnschweiler, Andreas Frank, Köbi Frei, Dr. Daniel Gut, Willi Haag, Beat Jud, Roland Rebsamen, Stefan Sutter
Anzahl Mitarbeitende
320
Fläche Versorgungsgebiet
2’375 km2
Einwohner
440’000
Energie
3’261 Mio. kWh Jahresabsatz
Produktion
112 Mio. kWh Strom
19,4 Mio. kWh Wärmeenergie
Netz
37 Unterwerke
über 1’200 Trafostationen
4’430 km Stromnetz
SAKnet
25'500 Anschlüsse im Bau
1'800 km Glasfasernetz